Warum brauchen Hörgeschädigte die Gebärdensprache?
Das Sprachgefühl für die Lautsprache nehmen die Menschen, die ein gesundes Gehör haben, ständig und auch nebenbei akustisch durch das Gehör wahr. Dadurch wird auch die Grammatik im frühen Kindesalter aufgebaut. Das Wahrnehmungssystem der Hörgeschädigten, besonders die der Gehörlosen, ist eine ganz andere. Da sie die Lautsprache bedingt oder gar nicht akustisch aufnehmen können, nehmen sie den sprachlichen Umgang visuell auf. Allerdings kann man von einem Hörgeschädigten nicht verlangen, das sie ständig bei den hörenden Gesprächpartnern auf dessen Mund schaut bzw. vom Mund abliest. Sie würden dadurch viele schöne Dinge, was so in der Natur geschieht, einfach verfehlen. Außerdem gibt es nur durch Mundablesen keine Garantie dafür, das sie alles verstehen können. Es ist auch nicht möglich, denn wissenschaftlich wurde bewiesen, das nur 11 von 26 Buchstaben vom Mund ablesbar sind. "Butter", "Mutter" und "Muster" erscheinen auf dem Lippen fast gleich. Daher können die Hörgeschädigten unter besten Bedingungen und ohne Gebärden nur 20% bis 30% der Informationen aufnehmen. Den Rest müssen sie durch Vorahnung, Logik und Kombination selbst herausfinden, was oft zu Missverständnissen führt. Hinzu kommt noch, daß das Verstehen immer vom Mundbild und der Fähigkeit des Hörgeschädigten vom Mund abzulesen abhängt. Es kann also vorkommen, daß die Verständigung bei einem überhaupt nicht funktioniert, wobei bei den anderen Personen ganz reibungslos läuft. Es kann viele Ursachen haben, z.B. bei einem Bartträger kommt es oft vor, daß der Mund bedeckt ist oder durch sehr lautes Sprechen ist der Mund zu sehr verzerrt. Am Idealsten ist es, wenn man ganz Normal in Zimmerlautstärke spricht, denn da ist das Mundbild am besten abzulesen.
Die Hörgeschädigten haben nun mal das Recht, sich auch mit dem Gesprächpartner in entspannter Atmosphäre zu unterhalten. Das können sie am besten in ihrer Sprache, der Gebärdensprache. Ohne Gebärdensprache werden die Hörgeschädigten automatisch in die Isolation geführt. Durch die Gebärdensprache können sich die Hörgeschädigten Fremdsprachen (hierzu gehört auch z.B. Deutsch) aneignen. Sie können sich viel Wissen erwerben oder auch abstrakte Dinge wie Politik, Religion usw. erlernen.