Seit wann gibt es die Deutsche Gebärdensprache?

Der Ursprung der Gebärdensprache ist nicht genau erforscht. Jedoch kann man davon ausgehen, das es die Gebärdensprache schon gegeben hat wie es Menschen gibt.

Historische Dokumente belegen den Gebärdensprachunterricht beginnend in Spanien. Ab ca. 1400 wurden gehörlose Kinder aus reichen Familien durch Pater Petro Ponce auf Grund des Schweigegelübtes in der Gebärdensprache unterrichtet.

Im Jahre 1760 in Frankreich hat der Pädagoge für Gehörlose Abbe de I` Epee in eigens entwickelte Gebärdensprache unterrichtet, die sich genau an die französische Lautsprache hielt. Er war der Ansicht, dass jeder Gehörlose bereits eine Sprache hat, die als Sprache der Natur und aller Menschen besonders Ausdrucksvoll ist. Diese Sprache übernahm er und entwickelte sie um/weiter zur lautsprachbegleitenden Gebärdensprache (LBG). Diese Sprache sollte von den Pädagogen übernommen und in klaren Regeln unterworfen werden, um die Gehörlosen der Schrift entsprechend unterrichten zu können. Im Laufe der Zeit wurden mehrere Institute gegründet, in denen diese Methode, heutzutage bezeichnet man das als Bilingualismus, angewendet wurde. Das Ziel von Abbe de I` Epee war es, die geistliche Entwicklung der Gehörlosen durch die Gebärdensprache zu fördern. Man erkannte, das Gehörlose sehr wohl fähig sind zu denken, und ihnen auch die Lautsprache durch die Gebärdensprache beigebracht werden kann.

Samuel Heinicke gründete 1778 die erste deutsche öffentliche Gehörlosenschule in Leipzig. Er selbst benutzte ausserhalb des Unterrichtes die Gebärden, stand aber diese pädagogisch negativ gegenüber. Seine Schüler, die das Sprechen lernten, wurden verboten die Gebärdensprache im Unterricht anzuwenden. Die lautsprachliche Erziehung der Gehörlosen ohne die Grundlage des Gebärdens wurde zur "deutschen Methode".

Ab 1850 verwendeten immer mehr Lehrer an Gehörlosenschulen die lautsprachliche Erziehung. Mit dem Ziel die "Integration" durch lautsprachliche Anpassung in den Mittelpunkt zu setzen. Trotz Warnung, vor einem verbundenem Rückgang der Sprachkompetenz und des Wissenerwerbes, durch führende Gehörlosenlehrer, wurde ihnen kaum Beachtung geschenkt.

Auf dem Mailänder Kongress im Jahre 1880 wurde dann entschieden, dass im Unterricht nur noch in Lautsprache unterrichtet werden soll, und die Gebärden auch nicht mehr als "Hilfsmittel" eingesetzt werden dürfen. Alle hörgeschädigten Pädagogen wurden aus den Gehörlosenschulen entlassen. Man war der Meinung, dass die Gehörlosen doch fähig sind zu denken und deshalb nur die lautsprachliche Erziehung, zum Nachteil des Wissenerwerbes, angewendet werden sollte. Die Gebärdensprache wurde als die Sprache der "dummen" Gehörlosen bezeichnet.

Bis 1945 kamen für die Gehörlosen die langen Unterdrückenden 75 Jahre. In der Zeit durften sie nur einfache Handwerksberufe erlernen. Die Arbeitslosigkeit unter den Gehörlosen war enorm hoch, weil man keinen Auftrag bekam, wo Gehörlose arbeiten. Gehörlosen hatten auch Versammlungsverbot. Sie wurden in der Zeit des Nazionalismus zwangssterilisiert.

1970 kam endlich ein kleiner Aufbruch durch die Wiedereinführung des Fingeralphabetes.

Seit 1980 begann der Kampf um die Anerkennung der Gebärdensprache, die teilweise im Jahre 2001 erfolgt und im Jahre 2002 durch das Bundesgleichstellungsgesetz vervollständigt ist. Auf Länderebene hat das Bundesgleichstellungsgesetz eine geringfügige bis keine Gültigkeit und muss gesondert beschlossen (in einigen Bundesländern bereits erfolgt) werden.

Noch heute werden die Schüler akustisch unterrichtet. Bisher waren die Pädagogen der Meinung, dass die Gehörlosen die Lautsprache nicht durch die Gebärdensprache sich erwerben können. Mittlerweile weiß man aus Hamburg, Graz und den schwedischen Gehörlosenschulen, dass das nicht richtig ist. Zur Zeit müssen die Pädagogen für Hörgeschädigte sich in die Gebärdensprache weiterbilden und diese gegebenfalls im Unterricht anwenden.

Aus der 200 jährigen Geschichte kann man doch erkennen, dass den Gehörlosen nichts anderes übrig blieb, sich eine eigenständige Sprache, die Deutsche Gebärdensprache (DGS), zu entwickeln, um nicht in eine komplette soziale Isolation geführt zu werden. Der Ursprung der Deutschen Gebärdensprache ist die "Pausenhofgebärdensprache", der sogenannte örtliche Dialekt. Die Schüler haben sich so in entspannter Atmosphäre in den Pausen auf dem Schulhof unterhalten. Das wurde von Generation zu Generation weiter gegeben.

Im Juli 2010 hat der ICED-Kongress die Vancouver 2010 Resolution: "A New Era of Deaf Participation and Collaboration" beschlossen, sich von den Beschlüssen des Mailänder-Kongresses von 1880 zu distanzieren. Die Gebärdensprache erlebt nun eine Renaissance in der Kultur und Sprache der Hörgeschädigten nach der "130 jährigen sprachlichen Unterdrückung" ....