Nachruf zum Tod von Karin Kestner

Das Niedersächsische Institut für die Gesellschaft Gehörloser und Gebärdensprache e.V. trauert um eine Weggefährtin und Unterstützerin, die mit dem Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland gewürdigt wurde…Karin Kestner.

Karin Kestner bei der Verleihung
     Karin Kestner bei der Verleihung
     (Photo S. Gogol)

Karin Kestner trat mit Ihrer Tätigkeit als Gebärdensprachdolmetscherin für die Belange der Menschen mit Hörschädigungen ein. Sie erkannte, dass diese Personengruppe in unserer Gesellschaft ausgegrenzt und besonders im medizinischen Bereich nur auf das Hördefizit reduziert wurde, was zu einseitiger und oftmals nicht erfolgreicher Beratung und Behandlung führte. Durch Karin Kestner als „Sprachohr“ hatte die benachteiligte Gruppe der Menschen mit Hörschädigungen sich zu Wort gemeldet und für ihre Belange eingestanden.

Karin Kestner baute einen bundesweiten einmaligen Elternhilfsdienst auf, den sie neben ihrer eigentlichen Tätigkeit als Gebärdensprachdolmetscherin ehrenamtlich geleitet hatte. Sie stand beratend für die Sorgen vieler Eltern von Kindern mit Hörschädigungen zur Verfügung und unterstützte diese auch bei bestimmten Behördengängen und bei Briefwechseln mit zuständigen Ämtern und stand diesen auch bei Gerichtsverfahren bei. Nun wird sie uns fehlen.

Vielfach hatte Karin Kestner die Belastungen und „Falschberatungen“ sowie Nöte der Eltern abgenommen und viele Urteile in anwaltlicher Beratung, die sie stellvertretend übernommen hat, angefochten und den Eltern von Kindern mit Hörschädigungen zum Erfolg geholfen. Dafür danken wir ihr.

Die frühzeitige Zusammenführung zwischen den Eltern von hörgeschädigten Kindern und Gebärdensprachdozenten stand bei ihr im Vordergrund, um einen adäquaten Spracherwerb zu ermöglichen. So arbeitete sie zum Beispiel auch mit unserem Institut langjährig und erfolgreich zusammen, was uns Gebärdensprachdozenten ermöglichte, im Rahmen der frühkindlichen Förderung mit Gebärdensprache tätig zu werden. Wir würdigen die Zusammenarbeit und werden es weiterhin fortführen.

Elternhilfe bedeutete auch, entsprechende Materialien bereit zu stellen. Karin Kestner baute mit ihrer Eigenintiative bundesweit ein Entwicklungs- und Vertriebszentrum für Gebärdensprachmaterialien auf. Diese Materialien stellte sie zur Verfügung und dienen als wertvolles Informationsmaterial für Betroffene, Gebärdensprachdozenten und –dolmetscher bei Fragen rund um das Gelingen von Inklusion.

Dies alles zeichnete die Besonderheit von Frau Karin Kestner aus. Ohne ihre ehrenamtlichen Eigenintiativen hätte sich der Wandel im Zuge der Inklusion von hörgeschädigten Kindern aufgrund von Informationsdefiziten und nicht existierender Unterstützung wesentlich langsamer vollzogen. Ohne ihr Mitwirken wären Gebärdensprachdozenten und Gebärdensprachdolmetscher, in vielfältigen Angelegenheiten hilflos im Dschungel der Paragraphen verloren.

Wir trauern um sie…halten sie in Ehren und werden ihre Intiativen auch in unserem Institut weiterführen, wie sie es gewünscht hat.

Der Vorstand des NIGGGS e.V.